Dienstag, 1. November 2011

Wie 2 Sachsen (endlich) die Jungfrau bezwangen


Eigentlich reicht die Geschichte zu diesem Trip ein paar Monate zurück, nämlich als ich meinem Freund Torsten von den Erlebnissen am Teich Thallern berichtete und er dann, Kraft seines Berufes als Sternekoch, meiner Frau ein Angebot machte, wo sie nicht nein sagen konnte. Kochen wollte er bei uns daheim, mehrfach gleich, wenn, ja wenn mich meine Holde nochmal
nach Österreich fahren lässt. Und das natürlich mit ihm. Logisch.
Ganz nach Wunsch bekam meine Frau dann einen Gutschein über 7 x Kochen und 1 x Candlelight-Dinner. Der Gewinner des Ganzen war aber eigentlich ich, denn fortan war mir Sterneessen und ein weiterer Angeltrip in meine Zweitheimat sicher.
Ob dieses doppelten Glücks überließ ich dann Torsten, der neben seinem elitären Beruf auch noch ein schon lange Zeit erfolgreicher Karpfenfischer ist, die Gewässerwahl. Thallern hatte ich schon gebucht, nun aber ergab sich kurzfristig auch die Gelegenheit noch einmal an dieser schon legendären Jungfrau in Tulln anzusitzen. Nach kurzer Erläuterung der lokalen Gegebenheiten entschied er sich für den jungfräulichen Ansitz. Ein Anruf beim verständigen Heinz und schon war Thallern storniert.

Mich persönlich freute Torstens Entscheidung obwohl ich bei den bisherigen 3 Ansitzen mit insgesamt 10 Nächten dort ohne Fisch, ja sogar ohne Biss geblieben war. Klar war auch, dass der erste run in jedem Fall an Torsten gehen würde. So war es nach dem letzten gemeinsamen Fischen ausgemacht. Damals konnte ich an einem regionalen Stausee den einzigen Biss verwerten und einen 10kg Karpfen zum Landgang überreden. So schienen also meine Chancen auf einen Fisch wieder mehr als gering. Aber es sollte ganz anders kommen.

Die Anreise am 11. Oktober verlief nicht ganz nach Wunsch. Erst sorgte meine Vergesslichkeit (Handy, Man wird ja auch nicht jünger), dann eine hässliche Baustelle bei Hollabrunn für eine Verlängerung der geplanten Fahrzeit. So kamen wir dann erst gegen 14:00 Uhr und insgesamt 8 Stunden PKW-Aufenthalt am See an. Sonniges Wetter empfing uns und in Anbetracht der insgesamt 6 Tage, die wir hier verbringen wollten, gingen wir tiefenentspannt an das Ausladen des geliehenen Opel-Busses.

Es schloss sich eine ausgiebige Runde auf dem See an, bei der ich Torsten die lokalen (Unterwasser-)Gegebenheiten zeigte und wir die ersten Spots mit Markern belegten.
Aufgrund der zeitigen Dämmerung beließen wir es für die erste Nacht bei 2 Ruten, welche für unsere beschuppten Freunde in eher tiefen Bereichen abgelegt wurden. Die Nacht blieb ruhig, die Receiver schwiegen. Für mich ja nichts Neues an dieser Pfütze.
Am nächsten Morgen begann es zu regnen und der Himmel öffnete für die nächsten 24 Stunden alle Schleusen. Insgesamt 3 Mal galt es durch Ausschöpfen von Wasser dem Untergang unserer Boote vorzubeugen. Relativ unlustig ob des miesen Wetters entschlossen wir uns am Nachmittag trotzdem unsere Spotsuche fortzusetzen und den Karpfen weitere Montagen zum Fressen vorzusetzen. Am Abend griff Torsten dann zum 1. Mal in seine Kochtrickkiste und servierte Steaks die mir heute noch schmecken. Na und ich habe gelernt wie man sie zubereitet ohne dass sie dann als trockener Latsch sondern vielmehr schön saftig in unseren Gastrointestinaltrakt gleiten.

Donnerstag -Morgen 01:15 Uhr. Was war das ??? Mein Siren zeigte eine langsame doch aber kontinuierliche Bewegung meiner Montage an den Seerosen an. Kann doch nicht sein. Sollte uns die Jungfrau nun endlich ein Geschenk machen ??? Ein kurzer Ruf und auch Torsten war sofort zur Stelle. Gemeinsam ging es bei immer noch strömendem Regen aufs Boot und unserem potenziellen Fang entgegen. Versiert drillte Torsten den Fisch, der sich dann aber letztlich als Monsterbrasse von etwa 4kg herausstellte. Der ganze Ausflug endete mit dem plötzlichen Stillstand unseres Motors und so erreichten wir erst nach einem Stechpaddeleinsatz das (rettende) Ufer. Gut so eine riesige Brasse hatten wir noch nie gesehen, nun aber war das 2. Gewand nass und der Motor hin. Letzterer konnte auch nach 2-stündigem nächtlichem Bauen nicht wieder zum Laufen gebracht werden. Glücklicherweise hatte ich noch einen Ersatzmotor mit und so wurde dieser noch in der Nacht am Boot installiert. Man konnte ja nicht wissen.
Donnerstag -Vormittag zeigte sich für wenige Stunden die Sonne und unser Standort wandelte sich zum Wäscheplatz. Überall nasse Klamotten der vergangenen 24 Stunden, die es zu trocknen galt. Zumindest teilweise ist uns das dann auch gelungen ehe der Wärme-spendene Zentralstern unseres Planetensystems schließlich gegen 14:00 Uhr hinter den Baumwipfeln verschwand.
Alle Ruten neu bestückt und schon war es Abend, der mit einem Sterne-Gullasch versüsst wurde. Lange haben wir an diesem Abend noch gequatscht und das bisher erlebte Revue passieren lassen. Klirrende Kälte deutete fortan den ersten Frost in diesem Jahr an. Er sollte uns in den weiteren Nächten begleiten.

Erst 05:15 Uhr am Freitag-Früh hörte ich das Geräusch von Torstens ATTX und verließ in Überschallgeschwindigkeit mein Zelt. Wie sich herausstellte hatte Torsten bis dato schon wieder eine Riesen-Brasse erbeutet, einen weiteren Biss aber nicht verwerten können. Sein Rufen hatte wohl in beiden Fällen nicht mein Zentrum für Tiefschlaf deaktiviert. Nun aber war ich dran und rasch bestieg ich das Schlauchboot. Im dichten Nebel steuerte ich die ca. 150 Meter bis zu dem Spot wo der Fisch sich den Köder eingesaugt hatte. Nach kurzem Druck auf die Rute kam mir der Fisch schon entgegen und mich befiel bereits wieder der Gedanke an eine dieser Groß-Brachsen. Nur kurz aber zeigte sich der Fisch um dann gegen den Widerstand der straff eingestellten Bremse wieder den Grund des Sees anzusteuern. Klar das konnte nur einer der lang ersehnten Karpfen sein. Fortan begann ein heißes Tänzchen. Der wiederholte Druck wurde jedes Mal mit ein paar Metern Schnur von der Rolle beantwortet. Nach geschätzten 30 Minuten ergab sich mein Gegner und wurde in die Tiefen des Keschers versenkt. Ein kurzer Blick mit angeschalteter Kopflampe verriet einen Spiegler, den ich auf Grund seiner Ausmaße auf zwischen 16 und 18kg schätzte. Torsten wartete geduldig am See und gab mir durch seine Kopflampe im Nebel sicheren Geleit zur Anlegestelle. In der geschilderten Gewichtsklasse stellte ich Torsten auf sein Nachfragen dann auch unsere Errungenschaft vor. Aber bereits nach dem Abhaken und Anheben des Keschers musste ich meine Angaben deutlich nach oben korrigieren. Boahhhh ist das eine Masse. Wir brachten den Fisch zum Wiegeplatz und positionierten ihn sicher in der Großraumwiegeschlinge von Chub, deren Gewicht wir bereits im Vorfeld an der Waage korrigiert hatten. Ein freihändiges Wiegen war nicht möglich. Deshalb wurde die Reuben Heaton an eine stabile Sturmstange gehängt ehe dann der Zeiger schließlich bei genau 24kg stehen blieb. Ein Wahnsinnsfisch, der meinem bisherigen PB recht nahe kam.
Bei frostigen Temperaturen verzichteten wir zum Schutz des Fisches auf die sofortige Fotosession. Vielmehr wurde er mit samt der großen Wiegeschlinge vorübergehend in sein nasses Element entlassen.
Torsten wollte nun seinen Nachtschlaf komplettieren. Bei mir dagegen war an Schlaf nicht mehr zu denken. Dafür war der Adrenalinspiegel viel zu hoch. Jawoll „Ich hatte mit der Jungfrau nun endlich meinen Frieden gemacht“. Und das sendete ich vielfach per SMS an den nahezu gesamten Freundeskreis. Es dauerte dann auch nicht lange bis auf gleichem Wege die ersten Glückwünsche eintrudelten.
Vormittags erfolgte dann bei Temperaturen deutlich im Plus eine ausgiebige Video- und Fotosession. Gerade einmal 10 Sekunden nach dem ersten Wasserkontakt dauerte es bis sich mein beschuppter Freund anschließend wieder durch das Kraut in seine Unterwasserheimat verabschiedete.

Fortan hieß es „Projekt Schuppenkarpfen“ denn genau diesen wollte Torsten gern fangen. Klar war dass er nun „Herr aller Ruten“ war, denn ein solcher Fang hätte unsere Session dann gänzlich abgerundet.
Gegen Mittag bestückten wir unsere Montagen mit frischem Material und am Nachmittag besuchte uns mein Freund Robert Roula auf einen gemütlichen Plausch. Mit ihm hatte ich im Mai „parolympics“ gelandet, einen ob seiner markanten Schwanzflosse berühmten Spiegler, der zum Fangzeitpunkt 24,9kg auf die Waage gebracht hatte.
In die nächste Nacht gingen wir ob der vergangenen Ereignisse recht optimistisch, jedoch blieben alle Bissanzeiger stumm. Wie sagte doch der Hardy, ein Jahreskartenfischer: „In diesem See sind wohl die launischten Karpfen Mitteleuropas“. Und tatsächlich. Die Köder und Montagen gleich, die Spots dieselben, gleiches Wetter, vielleicht nur noch 1 bis 2 Grad kälter und nun nix. Wer kann das verstehen ???

Samstag-Vormittag, windstill und strahlender Sonnenschein. Ideale Bedingungen um die kleinen freien Stellen auf 2 Plateaus zu orten und hier Montagen zu positionieren. Gerade einer dieser beiden Spots hatte aus Erkundigungen heraus immer wieder mal einen guten Fisch gebracht. Somit also sollten die Voraussetzungen für einen weiteren Erfolg nochmals besser sein. So fand auch Bernhard der wie schon bei meinem Thallern-Trip auch jetzt wieder auf einen Besuch vorbeigekommen war. Uns verbinden gemeinsame steirische Sternstunden, die wir am Jösser-See 2 und am FZZ erlebt hatten.
Schließlich waren dann zum potenziell letzten Mal auch alle anderen Ruten frisch bestückt und abgelegt.

Pünktlich zum abendlichen Gänsekeulen essen (ja richtig gelesen G Ä N S E K E U L E N) gesellte sich Dulli zu uns. Künftige fischereiliche Projekte wurden hier bereits grob geplant und so stand der Mond schon eine ganze Zeit am Himmel ehe er sich wieder auf die Heimreise machte.
21:10 Uhr…..Piep…piep…piep und es schoss mir durch den Kopf: „Projekt Schuppenkarpfen“ yesssss. Es war wieder die Seerosenrute. Torsten ergriff wie geplant die Initiative, doch zeigte sich nach Aufnahme der Rute kein wirklicher Widerstand. Scheis…….e. Der Fisch war ausgestiegen. Nur ein Bündel Kraut näherte sich beim Einrollen der Schnur. Gibt es doch nicht.
Letztlich blieb und bleibt natürlich unklar was sich da für ein Seebewohner auf die Reise gemacht hatte. Aber egal. Vorbei.
Es sollte die letzte Aktion bei diesem Trip gewesen sein. Torsten nahm es sportlich, vor allem aber sah er die vielen positiven Seiten unserer Session. Ein wunderschönes Gewässer, absolute Ruhe, ein Komfort mit Fischerhütte, den man als Karpfenfischer wohl so nur selten findet. Und der Dulli hatte ja schon den Plan von einem gemeinsamen Fischen angedeutet. Und Torsten wird dann sicher dabei sein. Na und wenn es zeitlich passt ich sicher auch.

Ralf